Seite 1 - Kirchenführung Niederhone

Kirchenführung
Niederhone
Direkt zum Seiteninhalt
Ich begrüße Sie zur Führung durch die Kirche Niederhone.
Gehen Sie zunächst zurück auf den Anger und sehen Sie sich die Kirche als ganzes an.
Der Turm
Der Kirchturm stammt von 1508 und ist der älteste Teil unserer Kirche. Die Spitze des Turms wird von einer Kugel mit Wetterfahne gebildet. Die Kugel enthält Dokumente über die Baugeschichte des Turms, die sogenannte Turmknopfchronik.
Die Glocken
Die Martinskirche von Niederhone besitzt vier Glocken unterschiedlicher Größe und unterschiedlichen Alters.
Die zwei kleinsten Glocken gehören nach Alter und Art zusammen. Sie werden beurteilt als gegossen vor der Reformationszeit also vor 1525 -.
In einem Glockenbericht wird von dem Jahr 1450 gesprochen ,und diese Anhaltspunkte lassen den Schluss zu, dass die Glocken aus einer der Vorgängerkirchen stammen.
Die zwei größeren Glocken können aufgrund ihrer Inschrift eindeutig zugeordnet werden. Beide wurden bei Melchior Mörink, Erfurt gegossen und stammen aus den Jahren 1589 (mittlere Glocke) und 1591 (größte Glocke). Sie sind für die spätmittelalterliche Martinskirche gegossen worden.
Die sogenannte Sturmglocke ist die kleinste Glocke. Sie hängt im oberen Turmteil. Jahrhundertelang - bis 1983 - wurde sie bei Bränden und Unwettern geläutet.
Drei Glocken hängen unter der Sturmglocke. Sie werden zum Gottesdienst geläutet. Beim Vaterunser wird die mittlere Glocke von 1589 geläutet. Die große Glocke von 1591 läutet bei Überführungen und zu den Tageszeiten:
· zum Tagesbeginn um 7.30 Uhr
· zur Vesperzeit um 11.00 Uhr
· zum Feierabend um 18.00 Uhr
Das Kirchenschiff
Unsere Kirche ist in Kreuzform gebaut worden.
Der Schnittpunkt des Kreuzes ist der Mittelpunkt der Kirche. Der Kreuzarm ist sehr breit ausgefallen und wird äußerlich bestimmt durch die Nord- und Süd-Fassade mit ihren Giebeln. Im Innenbereich der Fassaden sitzt die Gemeinde.
Damit wollte der Architekt das protestantische Verständnis von
Gemeinde zum Ausdruck bringen. Im Mittelpunkt des Gottesdienstes steht immer die Gemeinde. Diese Sinngebung durch die Architektur gehört zum Besonderen unserer Kirche.

Die Nord- und Süd-Fassade
Die Nord- und Südfassaden sind durch ihre Fenster gegliedert und werden durch Giebeltürmchen abgeschlossen.
Betrachten wir die Fenster genauer, so erkennen wir die Symbolik des Mittelalters. Wir sehen drei zweibahnige Maßfenster, die jeweils durch gotische Passelemente abgeschlossen werden.
Von links nach rechts sehen wir einen Dreipass, einen Fünfpass und ein Vierpass.
Im Mittelalter konnte jedermann diese Formen deuten. Die Zahl fünf steht für den Menschen und ist eingerahmt von Gott (Zahl drei) und dem Universum (Zahl vier).
Den Abschluss bilden rosettenartige Fenster mit einem Sechspass. Nach mittelalterlichem Verständnis verweist die Zahl sechs auf dieTage der Schöpfung.
Südportal
Das Südportal ist als ausgeprägtes Christus-Tor gestaltet. Es ist geschmückt durch ein gotisch geformtes Tympanon (Bogenfeld). Im Mittelpunkt des Tympanons ragt das Kreuz auf mit seinem Strahlenkranz und lässt das Licht erstrahlen, das unsere Dunkelheit erhellt.
Durch Alpha und Omega, den ersten und den letzten Buchstaben im griechischen Alphabet, wird unüberhörbar, was wir aus der Offenbarung kennen: „Ich bin das A und O, spricht Gott, der Herr, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige“ (Apk. 1,18) , und: „Ich bin das A und O, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende.“ (Apk. 22,13)
Damit diese Trostworte nicht ungehört verhallen, werden sie noch einmal bekräftigt durch das Sinnbild der Weinranken. Sie machen Worte Jesu Christi aus dem Johannes-Evangelium lebendig: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht, denn ohne mich könnt ihr nichts tun. Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer, und sie müssen brennen.“ (Joh. 15,5f)
Deutlicher kann für alle, die das Gotteshaus betreten, die Aufforderung und Erinnerung nicht sein.
Die Inschrift am unteren Rand „AO DMI 1896“ (Anno domini) erinnert an das Baujahr der Kirche, der Wappenschild mit seinem  Blatt an die Bauhütte zum weißen Blatt, zu der Schönermark gehörte.

Innenraum
Der Innenraum strahlt Ruhe und Harmonie aus. Die Bankreihen mit den Giebeltürmchen an den Eckpfeilern erinnern an die Nord- und Südfassade der Kirche. Das Kreuz begegnet uns auf jedem Sitzplatz bei Blick auf die Rückwände der Sitzreihen. Friese ziehen sich als verbindende Schmuckbänder entlang von Empore und Kanzel.
Der Chor
Der Chorraum ist als 5/8 Chor gestaltet, auch ein gotisches Stilelement. Sie sehen die angedeuteten fünf Chorwände.
 
Die Zahl fünf ist uns heute schon einmal bei den Passformen begegnet.
 
Sie steht für den Menschen. Ergänzt durch die Zahl drei für den unsichtbaren Gott bedeutet acht, das Symbol für die Auferstehung und das ewige Leben.
 
Die Fenster
Drei Chorfenster in Buntglasmalerei - bilden den Abschluss des Chorraums. Der Kirchenfensterbauer K.S. Schultz aus Marburg führte diese Arbeiten aus.
Die Chorfenster vermitteln uns eine Reihe von Aussagen.
Mittelfenster: Darstellung der Apostel  Petrus mit Schlüssel und Paulus mit Schwert unter Baldachinen (Schutz- und Prunkdach)
Erheben wir unseren Blick, so erkennen wir in der Symbolik der Rosetten der oberen Fenster
Links: Zeichen des Lebens
Mitte: Das Kreuz als Zeichen für den Opfertod von Jesus Christus
Rechts: Zeichen des Todes
Wir werden daran erinnert, dass Jesus Christus uns begleitet vom -Anfang bis zum Ende unseres Lebens.
Die Chorfenster wurden von der Bauernfamilie Mengel , Niederhone gestiftet. Familie Mengel spendete dafür einen Betrag in Höhe von Goldmark 600.
Sie wurden 2014 aus Spendengeldern in einen musealen Zustand versetzt.
Der Altar
Mittelpunkt der Kirche ist der Altar, als Tisch des Abendmahls und der sakralen Handlungen. Der Altar wurde von Baumeister Schönermark entworfen und von Steinmetz Holzapfel, Eschwege aus Sandstein gestaltet.
Taufstein
Der Taufstein ist älter als die neue Kirche, leider fehlen jegliche Ursprungshinweise.

Kanzel
Auf einem steinernen Sockel, über einem Fuß aus gebündelten Säulen erhebt sich die Holzkanzel. Friese zieren die Profile des
Kanzelkorbs.
Die Friese finden wir wieder in den Schmuckbändern der Emporen.
Die Kanzel wurde von Baumeister Schönermark entworfen und von Kunstschreiner Heidenreich, Eschwege gestaltet.
Der Leuchter
Auf der linken Seite des Taufsteins ist der Leuchter, der unsere Weltkugel symbolisiert. Immer in der Osternacht wird dieser in die Mitte gerückt, um zu zeigen, wie sich das Licht der Welt über die Weltkugel verbreitet. Auch Sie sind herzlich eingeladen sich eine Kerze zu entzünden und in diesen Leuchter einzustellen. Ein wenig Handreichungen an Gebeten finden Sie auf der Bank daneben.
Die Orgel
Im Jahr 1894 beschloss das Große Presbyterium für die neue Kirche eine neue Orgel anzuschaffen. Die Orgel wurde in der Werkstatt des Orgelbauers Moeller, Rotenburg/Fulda gebaut und am Tag der
Kircheneinweihung am 17. Mai 1896 erstmals gespielt.
Kurzfassung technischer Daten:
Schreinermeister Heidenreich, Eschwege baute das Prospekt (Orgelgehäuse) nach Plänen von Baumeister Schönermark. Entsprechend dem Baustil der Kirche wurde es im neugotischen Stil gestaltet.
In einem Gutachten des Orgelsachverständigen Siegfried Neuber, Eschwege heißt es u.a. „Kirche und Orgel bilden eine architektonische Einheit“. Ein Blick vom Altar zur Orgelempore bestätigt dieses Urteil.
Nordportal
 
Wir gehen aus der Kirche hinaus und gehen über den Rasen zur Nordseite.
Wie beim Südportal ist auch das Nordportal mit einem Tympanon
geschmückt.
 
Wir betrachten das Bogenfeld und befassen uns mit den dargestellten
 
Formen. Von oben nach unten lesen wir:
Oben sehen wir Gottes Hand auf einem Kreuz im Strahlenkranz. Da man Gott nicht in ganzer Person darstellen darf, macht die Hand auf Gottes Gegenwart aufmerksam. Sie kommt aus dem angedeuteten Himmel und weist uns darauf hin, wie Gott in diese Welt eingreift durch das Kreuz Jesu Christi. Die segnende Handgebärde signalisiert sein Handeln und sein Reden, während der umgebende Strahlenkranz seine Heiligkeit betont.
 
In der Mitte entdecken wir zwei Medaillons, von Rosen umrankt, auf denen in hochgotischen Buchstaben „ihs“ und „xps“ zu lesen ist. IHS ist die mittelalterliche Abkürzung für die griechische Form des Wortes Jesus, es wird auch gedeutet als „Jesus hominum salvator“ (Jesus Heiland der Menschen) oder „in hoc salus“ (In diesem ist das Heil). Die Buchstabenkombination „xps“ stellt die griechische Abkürzung CH R S (= Christus) dar. Die rankenden Rosen sind Sinnbild des Paradieses; dort wandelten nach mittelalterlicher Vorstellung Adam und Eva unter Rosenbäumen.
 
In der unteren Region des Tympanons ist eine herabkommende Taube im Strahlenkranz abgebildet. So wird bereits seit dem Konzil von Nicäa (325 n.Chr.) der Heilige Geist dargestellt, dem dieses Symbol vorbehalten bleibt. Begründet wird dies mit dem Bericht der Taufe Jesu, in dem es heißt: „Jesus sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren und über sich kommen.“ (Mt. 3,16) Der Strahlenkranz um die Taube zeigt die Bedeutung des Heiligen Geistes als Lichtträger in der Welt.
 
Im recht unscheinbaren Wappenschild mit Dreieck und Zirkel, den Grundwerkzeugen der Architekten und Baumeister, hat sich Schönermark in spätgotischer Manier verewigt.
 
 
Über den Rasen gehen wir zurück auf den Anger.
Wir sind beeindruckt von der Harmonie des Raums, der architektonischen Einheit und den Glaubensaussagen, die uns überall begegnet sind.
Über den Kirchhof gehen wir zurück auf den Anger.
Wir sind beeindruckt von der Harmonie des Raums, der architektonischen Einheit und den Glaubensaussagen, die uns überall begegnet sind.
Vorgeschichte
Niederhone war im Mittelalter Erzpriestersitz und kirchlicher
Mittelpunkt unserer engeren Heimat.
Nach urkundlichen Überlieferungen hatten die Kirchengemeinden
Niederhone und Oberhone im Mittelalter eine gemeinsame Kirche. Diese Kirche stand in Niederhone und verweist durch ihr Martins-Patrozinium auf das frühe Mittelalter.
St. Martin war Schutzpatron der Franken, als diese im Jahr 531 n.Chr. Thüringen unterwarfen. Seinem Andenken wurden im 7. und 8. Jahrhundert Kirchen und heilige Stätten geweiht.
Es gab mehrere Vorgängerkirchen unserer heutigen Kirche.
Im Jahr 1508 wurde am Platz, auf dem die heutige Kirche steht, eine spätmittelalterliche Kirche erbaut. Sie fasste 300 Kirchenbesucher.
Diese Kirche wird in den Kirchenbüchern als zu klein und unscheinbar, als zu dunkel und zugig beschrieben.
Als Pfarrer Heinrich Stübinger am 8. Juli 1888 sein Amt in Niederhone antrat, begannen im Großen Presbyterium (Kirchenvorstand - zuständig für Kassen- und Bauangelegenheiten), Beratungen über die Restaurierung der Kirche. Das im Jahr 1888 noch selbständige Dorf Niederhone fühlte sich als aufstrebende Gemeinde und war stolz  darauf, einen
eigenen Bahnhof und Knotenpunkt der Eisenbahn mit Verbindungen nach Nord - Süd und Mitteldeutschland zu besitzen.
Diese Lage stützte die Erwartungen auf weiteres Wachstum, auch der Kirchengemeinde.
Nach langjährigen Beratungen und erbittertem Streit wurde am 17. Juli 1894 beschlossen, eine neue, größere Kirche zu bauen. Die neue Kirche sollte 500 Kirchenbesuchern Platz bieten und schöner werden als die alte Kirche. Der Turm der Kirche von 1508 sollte erhalten bleiben.

Der Baumeister
Mit dem Bau des neuen Kirchenschiffs der Martins-Kirche Niederhone wurde der Kirchenbaumeister Dr. Gustav Schönermark beauftragt.
Schönermark wurde als Pfarrerssohn geboren und studierte Architektur an der Polytechnischen Hochschule Hannover. Sein wichtigster Lehrer war Professor Conrad Wilhelm Haase, ein Verfechter der Neugotik.

So wurde Dr. Gustav Schönermark durch Professor C.W. Haase geprägt und ebenfalls ein Anhänger des neugotischen Baustils. Er meinte, die
Gotik sei die richtige Ausdrucksform für das Deutsche und das Christliche. So entstand das neue Kirchenschiff im Stil der Neugotik, angelehnt an den Turm von 1508.
Es war nur konsequent, wenn Schönermark bei der Gestaltung auch die Symbolik des Mittelalters übernahm. Mit der Aussagekraft der Symbolik wollte er uns einen tieferen christlichen Sinn vermitteln.
So war es im Mittelalter üblich, und die Menschen damals verstanden sich auf die Auslegung Wir dagegen müssen lernen, den Sinn zu
verstehen.
Die Grundsteinlegung für den Neubau erfolgte am 13. Mai 1895.
Am Sonntag Exaudi im Jahr 1896 - 17. Mai 1896 - wurde die neue
Martinskirche mit einem Festgottesdienst eingeweiht.
Zurück zum Seiteninhalt